Du nervst!

Liebe E. !

Vermutlich fragst du dich warum ich dir nicht mehr ganz so freundlich zuhöre, mich mit Ratschlägen zurückhalte und hin und wieder das Augerollen unterdrücke wenn ich mit dir rede.

Ganz einfach: du nervst. Und zwar ganz gewaltig.

Ich denke nicht, dass du nennenswerte Probleme hast. Oder dass es dir überhaupt nicht gut geht. Oder ein schlechtes Leben hast.

Ich denke mittlerweile nur mehr, dass du gern darüber sprichst und nicht dass du wirklich etwas ändern willst. Kannst du dich eigentlich daran erinnern wann wir das letzte Mal über etwas Anderes als dich gesprochen haben? Noch nie denke ich. Für dich ist es unwichtig was andere denken und wie die so leben. Du willst nur wissen was andere über dich denken. Ein Unterschied. Vielleicht hast du die Fähigkeit verloren dich in andere hineienzuversetzen. Oder es ist dir einfach nur egal. Kann auch sein.

Und da muss ich dir eine harte Wahrheit sagen: ich bin nicht hier um deine Probleme zu lösen. Ich bin hier um zu arbeiten. Richtig: wir sind Arbeitskollegen.

Dir gegenüber habe ich mich schon in gewaltig viel Selbstbeherrschung, Freundlichkeit und Geduld geübt. Aber irgendwann, wenn es blöd kommt sage ich dir all das was hier sowieso schon steht. Nur wirst du das schwer aushalten so wie ich dich kenne. (Das würde allerdings jeder schwer aushalten). Hm. Wird nicht lustig. Für uns beide nicht.

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Tja; Nun.

Nun. Wir beide wissen was daraus geworden ist. (Auch wenn du das hier nie liest.) Aber vielleicht war es das wert. Für diesen Kuss, vielleicht, wer weiß.

Und hey: jetzt, da es hier geschrieben steht. kann es nicht mehr vergessen werden. Nicht von mir.

Dein Kuss mein Kuss

Zweiter Versuch. Und du weinst.

Ich will vergeben. Ich will weitermachen.

Ich weiß, eigentlich. Eigentlich ist es unmöglich. Wird vielleicht sogar schlimm.

Und du weinst. ich will weitermachen, und es tut weh. Tut weh. Weh.

Weitermachen. Mit dir. Gegen die Vernunft und mit dir.

Ein Kuss. Dein Kuss, mein Kuss.

Ein Moment, eine Geschichte. ein Leben. Aus du und ich wird wieder wir.

Und wir sind hier.

 

Was danach passiert ist

Ein Zettel am schwarzen Brett mit dem Versprechen, es künftig anders zu machen und der Bitte um Mithilfe. War wohl gelogen und meine geschätzten Mitarbeiter haben es durchschaut. (Gut so.)

Ich wurde griesgrämig.

Ich wurde krank.

Ich hab doch was gemacht. Nun können wir wieder fliegen; gemeinsam. 🙂

Danke, Mitarbeiter.

Zwiegespräch

Nachdem Innere Kraft nicht zum Teamgespräch erschienen ist, suche ich sie zum Zwei- Augengespräch persönlich auf. Ich muss etwas länger suchen, doch schließlich finde ich sie in meinem linken kleinen Zeh. Sie hat die Arme verschränkt und erwartet mich schon.

Ich: „Was ist los? Du bist seit Tagen nicht mehr zur Arbeit gekommen.“

Innere Kraft: „Ich streike. Motivation und Freude machen auch mit.“

Ich: „Wie bitte?“

Innere Kraft: „Jawohl. Ich streike. Ich mach da nicht mehr mit.“

Ich: „Wobei machst du nicht mehr mit? Was habe ich versäumt?“

Innere Kraft: „Na bei deinem Leben. Du verbauchst und verbrauchst mich und willst nicht wieder auffüllen. Du machst nichts damit ich mich mal erholen kann. Nichts.“

Ich: „Na, na, ganz so ist es auch wieder nicht. Was ist mit den Waldspaziergängen? Mit dem Himmelschauen? Mit dem Grün? Mit dem Treffen mit Freunden?“

Innere Kraft: „Zu wenig. Viel zu wenig. Du lebst mit einer Lüge und willst dass alle mitmachen.“

Ich: „Natürlich will ich das. Schließlich bin ich der Chef hier.“

Innere Kraft: „Aber es hilft uns allen nicht weiter. Es macht uns kaputt. Dich. Deshalb gibt es jetzt einen Notfallplan. Ja, ich habe noch Reserven, aber die wirst du zu andere Zeit brauchen. Die geb ich nicht her. Ich streike. Du wirst müde sein, immer müde und nichts mehr tun wollen. Nichts wird mehr Spaß machen. Du wirst die Welt als überflüssig und grau sehen.“

Ich: „Das hatten wir doch schon mal. Aber dann mache ich doch erst recht nichts mehr. Das kannst du doch auch nicht wollen?“

Innere Kraft: „Erfahrungsgemäß ist das die einzige Methode um dich überhaupt zu irgendwas zu bewegen. Vielleicht kann ich Schmerz auch noch von unsere Sache überzeugen, dann geht es schneller.“

Nichts zu machen. Ich wünsche Innere Kraft alles Gute und gehe erstmal nachdenken.

 

Teamgespräch

Heute treffe ich mich mit meiner Seele, meinem Körper und meinem Geist zum Teamgespräch. Wir wollen besser zusammenarbeiten.

Die Seele schaut mich nur böse an, zeigt mir den Stinkefinger, um sich danach heulend in eine Ecke zu legen.

Der Körper sagt: „Ich bin der Diener zweier Herren: ich mache was du sagst und was die Seele fühlt. Gut. Schön. Oder auch nicht. Aber eins sag ich dir: lange halte ich das nicht mehr durch.“

Deer Geist bringt etwas verzweifelt zum Ausdruck: „Wo hast du bitteschön den Input versteckt??!! Ich brauche Arbeit! Du wolltest doch lesen, du wolltest doch lernen, du wolltest doch nachdenken! Seit Monaten plätscherst du dahin, lenkst dich ab und vergisst mich. Wo bleibt mein Anspruch? So kann ich nicht arbeiten! Ich wandere aus, ich geh zurück ins Traumland und dann kannst du sehen wo du bleibst.“

Puh. Das nächste Mal nehme ich einen Mediator mit.

Mondnacht

Es war, als hätt´ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blüten-Schimmer
Von ihm nun träumen müßt‘.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus.
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Joseph Freiherr von Eichendorff

Zeitgeist

Ihr da draußen, habt ihr Angst? Bleibt ihr stehen? Was ist los?

Ihr könnt doch denken, ihr könnt doch sehen. Wo seid ihr hin?

Alles rettet, alles flüchtet, alles will bewahren, was zu bewahren ist. Noch schnell die Schäfchen ins Trockene bringen, bevor das Gewitter aufzieht. Ist ja gut. Vielleicht warten. Abwarten.

Aber was kommt danach? Wer möchte wirklich, wer möchte ernsthaft weiter gehen? Wer will die Welt ein bisschen besser machen für die nächste Generation, für die übernächste. Und wenn schon nicht besser, dann zumindest nicht schlechter. Zeitung lesen ist sehr deprimierend geworden in den letzten Monaten. Nunja, vielleicht auch Jahren. Ab zweitausendirgendwas (hier setzt jeder seine Zahl ein) kontinuierlich.

Macht es doch um des Glücks aller willen nicht noch schlechter. Aber alle haben Angst. Und niemand weiß weiter. Und warten. Es ist doch genug. Alle sitzen im Boot und wissen wo es wahrscheinlich hingeht, aber niemand will ans Steuer. Und niemand spricht darüber. Nicht laut, nicht öffentlich.

Ihr seid so leise, ich hör euch nicht. Wo ist eure Stimme? Wo ist meine Stimme?

Irgendwie schön

Auf der Straße, der Himmel ist zugestellt, aber er leuchtet; irgendwie schön.

In der Kirche, die Menschen sprechen von Sünde, aber sie treffen sich, immerhin, und sprechen miteinander: irgendwie schön.

Im Lift, es ist viel zu früh und ich bin müde, aber jemand hält die Tür offen; doch schön.

Beim Einkaufen: ein liebes Wort von Fremden, ein Danke; irgendwie schön.

Am Heimweg, von irgendwoher kommt Musik, jemand übt Trompete: Eine Fremde und ich bleiben stehen und hören zu: ja, schön.